Vereinbarkeit Beruf und Familie

Nadine Jürgensen – Familien zahlen weniger Steuern



Die höchste Belastung an Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen tragen wohlhabende Einpersonenhaushalte


In der Debatte um die CVP-Familieninitiative geht vergessen, dass Paare mit Kindern in den letzten Jahren steuerlich bereits stark entlastet wurden. Im Vergleich zahlen sie weniger Steuern als andere Haushalte, wie eine Auswertung zeigt.

Familien mit Kindern müssen durch finanziell harte Zeiten. Diese Behauptung, ob wahr oder nicht, hält sich hartnäckig. Die verminderte Kaufkraft nach der Geburt eines Kindes, die die CVP auf etwa 40 Prozent schätzt, veranlasste die Partei zur Lancierung ihrer Familieninitiative, über die am 8. März abgestimmt wird. Sie fordert steuerfreie Kinder- und Ausbildungszulagen.

Doch wie ist es wirklich mit der steuerlichen Belastung von Familien? Ein Vergleich von Steuerbelastung und Leistungsfähigkeit verschiedener Haushaltsformen deutet darauf hin, dass Familien mit Kindern sogar leicht begünstigt werden im Vergleich zu Singles oder Paaren ohne Kinder. Zu diesem Schluss kommt der Ökonom und Finanzpolitikexperte von Avenir Suisse, Marco Salvi, in einer Analyse der Haushaltsbudgeterhebung des Bundesamts für Statistik (BfS). Dieses hat vor kurzem seine jährliche, repräsentative Erhebung der Einkommenssituation und des Konsums der Schweizer Haushalte veröffentlicht.


Wer am wenigsten versteuert

Die Auswertung zeigt, dass die höchste Belastung an Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen wohlhabende Einpersonenhaushalte tragen (27,7 Prozent des Bruttoeinkommens), die tiefste Familien mit bescheidenem Einkommen (18,9 Prozent). Marco Salvi hat die drei häufigsten Haushaltstypen miteinander verglichen: Es sind Familien mit Kindern, wovon es schweizweit rund 900 000 gibt, Paare ohne Kinder (660 000) und Einpersonenhaushalte (620 000). Salvi hat Rentnerhaushalte ohne Erwerbseinkommen von der Analyse ausgeschlossen. Insgesamt weist das BfS 1,2 Millionen Einpersonenhaushalte in der Statistik aus.

Im Vergleich der Einkommensklassen zeigt die Analyse auf, dass Familien mit Kindern etwas weniger abgeben müssen als andere Haushalte, die gleich viel verdienen (siehe Grafik). Um die unterschiedlichen Lebenshaltungskosten vergleichen zu können, ging Salvi vom Äquivalenzeinkommen aus. Unter die tiefste Einkommensklasse fallen gemäss seinen Berechnungen Einpersonenhaushalte mit einem Bruttoäquivalenzeinkommen von unter 4450 Franken pro Monat, während das eines Paars ohne Kinder bei 6600 Franken liegt. Insgesamt, schliesst Marco Salvi aus seiner Analyse, sei das Schweizer Steuersystem gut justiert: Gleich leistungsfähige Haushalte würden etwa gleich besteuert.

Salvi betont aber auch, dass die Gesamtbelastung mit obligatorischen Sozialversicherungsbeiträgen und Krankenkassenprämien (sogar abzüglich der Prämienreduktion) für viele Haushalte mittlerweile stärker ins Gewicht falle als die Belastung durch die direkten Steuern. Erstere stellten mittlerweile mehr als die Hälfte der Gesamtbelastung dar.


Steuerbelastung niedriger

Ein weiteres Element bleibt in der Betrachtung Salvis, die sich auf die Zahlen von 2008 bis 2011 stützt, hingegen unbeachtet: 2011 ist auf Bundesebene eine umfassende Familiensteuerreform in Kraft getreten, die dazu führte, dass gut die Hälfte der Haushalte mit Kindern von den direkten Bundessteuern befreit wurden. Dies unter anderem dank dem Familientarif und der Erhöhung des Kinder- und Zweitverdienerabzugs. Die Steuerbelastung der Paare mit Kindern dürfte seither folglich sogar noch gesunken sein.


Mit freundlicher Genehmigung der NZZ.

Jürgensen, N. (2015). Familien zahlen weniger Steuern

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NZZ am 10.02.2015.