Die Elefanten machens vor


In ihrer Kolumne in der annabelle fordert


Carolina Müller-Möhl mehr Engagement für den Schutz von Elefanten in freier Wildbahn.

Elefanten – wer mag sie nicht? Diese schönen, erhabenen Tiere verfügen über ein kolossales Gedächtnis, haben eine hohe Lebenserwartung und können Traditionen entwickeln. Wen wundert es da, dass sie allgegenwärtig sind: Als Dumbo und Benjamin Blümchen, als Symbol der republikanischen Partei Amerikas oder als Highlights in Zoos und Wildparks.

Das grösste lebende Landtier ist aber auch wegen seiner Stosszähne, sprich seines Elfenbeins beliebt. Im sehenswerten Dokumentarfilm «The Ivory Game» mit Co-Produzent Leonardo Di Caprio schleusten sich Filmemacher in ein Schmuggler-Netzwerk ein und legen die furchtbare Dynamik des illegalen und millionenschweren internationalen Elfenbeinhandels offen: ein grausames Geschäft, das endlich ein Ende haben muss!

Seit ich denken kann, hege ich grosse Sympathien für Elefanten. Umso schockierter war ich jüngst über die Meldung, dass in Botswana 87 Elefanten wegen ihrer Stosszähne getötet wurden. Die Zahl der Savannen-Elefanten im östlichen Afrika ist in den letzten Jahren stark zurückgegangen: seit 2007 wurde jedes vierte Tier gewildert. Beim afrikanischen Waldelefanten sieht die Lage noch schlimmer aus. Die Bestände sind rund siebzig Prozent kleiner als noch vor 15 Jahren.

Elefanten müssen unbedingt geschützt werden: Neben ihrem Wert an sich und ihrer Faszination für uns nehmen sie im Ökosystem eine Schlüsselstellung ein. Auf ihren langen Wanderungen verteilen Savannen-Elefanten Saaten und sie säubern nachhaltig Sträucher, was anderen Pflanzen und Tieren erst Entfaltungschancen bietet. Zudem sind Elefanten in freier Wildbahn eine Touristenattraktion und liefern damit der lokalen Bevölkerung ein einträgliches und nachhaltiges Geschäftsmodell.

Während die Wilderei die Elefanten akut bedroht, lauert auf längere Sicht eine noch grössere Gefahr: das Konfliktpotenzial um Nutzungsflächen von Tier und Mensch. Denn wem seine karge Ernte von Elefanten zertrampelt wird, der schätzt diese Tiere nicht. Im Gegenteil: Der will sie weghaben.

Die Organisation Space for Giants setzt hier an. Ihre gemeinnützige Arbeit überzeugt mich, nicht zuletzt mit Blick auf die Koexistenz von Mensch, Tier und Natur: Space for Giants installiert und unterhält in Zentralkenia einen weitläufigen elektrifizierten Zaun, der die Elefanten auf ihren Wanderungen umlenkt und von den Ackerflächen fernhält. Denn erst wenn sie keine Felder mehr zerstören und damit nicht Widersacher der regionalen Bevölkerung sind, kann man sie schützen. Die Projekte der Organisation gehen noch weiter: Sie bilden Wilderer zu Rangern mit einem geregeltem Einkommen aus, bieten Bildungsprogramme an, betreiben wissenschaftliche Forschung.

Die Elefanten und ihr Ökosystem brauchen unser Engagement. Doch auch wir können von ihnen profitieren, indem wir ihnen einiges abschauen: Einsatz in der Herde, sich eine dicke Haut zulegen, (Stoss-)Zähne zeigen und je nach Situation einen Dickschädel haben. Ebenfalls inspirierend: Elefanten werden im Matriarchat sozialisiert und von einem weiblichen Leittier angeführt. Nach all den Jahren im Patriarchat wäre das für uns doch auch mal interessant.


Die Kolumne ist am 21. November 2018 in der

annabelle

erschienen.