Interview von Carolina Müller-Möhl in der Schweizer Landliebe
Sie liebt Musik, Literatur, Kunst - und das kühle Wasser des Stazersees. Hier im Bündnerland kann Unternehmerin Carolina Müller-Möhl, 48, so richtig ausspannen. Oder zumindest fast.
«Baden Sie gern? Versuchen Sie es einmal im Lej da Staz… Es gibt kaum irgendwo schöneres Wasser! Ich begleite Sie, keine Angst, das Wasser ist nicht eiskalt – an so einem schönen Tag hat es sicher 19 Grad. Ja, ich war heute schon im See - natürlich! Ich schwimme, sooft es geht, wenn ich in St. Moritz bin.
Schwimmen, das ist eigentlich der einzige Sport, den ich richtig gut kann. Wissen Sie, es gibt für mich kein grösseres Freiheitsgefühl als das Eintauchen in diesen wunderbaren Bergsee. Dieses Gefühl des kalten Wassers, diese Ruhe. Herrlich! Und erst die Aussicht: Man hat einen fantastischen Rundumblick auf die Bergwelt.
Überrascht Sie das? Ja, viele Menschen denken bei St. Moritz vor allem an Champagner und Pelz. Für mich ist das Oberengadin ein Traumplatz, weil sich hier Dinge vereinen, die zu selten zusammengedacht werden: Berge, Natur und Kultur. Das ist einmalig – und hat für mich lange Tradition.
Schon als Mädchen war ich mit meiner Familie im Urlaub in Scuol, St. Moritz oder auch in Ftan. Meine Eltern legten stets Wert auf unsere intellektuelle Bildung, also haben wir in den Ferien oft Museen und Kirchen besucht - ich erinnere mich besonders gut an einen Ausflug ins Nietzsche-Haus in Sils Maria. Die Foto- und Dokumentensammlung hat mich sehr beeindruckt und meine Liebe zur Literatur und zur Kunst geweckt.
Aber nicht nur als Mädchen habe ich wunderbare Erinnerungen an die Gegend hier. Ein Beispiel: Wir haben vor 19 Jahren meinen Sohn in Sils getauft. Nach der Taufe fuhren wir mit Pferdekutschen Richtung Gletscher ins Restaurant Sonne Fex - ein herrlicher Tag mit der Familie. Heute mag ich vor allem den Sommer in St. Moritz - und speziell die Zeit während des Festivals da Jazz. Genau meine Musik, und auch mein Labrador heisst Jazz! Das Festival unterstütze ich mit meiner Stiftung, um vor allem Frauen im Jazz zu fördern. Das Gerücht, Jazz sei Männermusik, hält sich nämlich hartnäckig. Es lassen sich übrigens gut Parallelen ziehen zwischen den Schwierigkeiten von Frauen im Jazz und in der Wirtschaft - ein Hauptthema der Müller-Möhl Foundation.
Klar, St. Moritz steht für mich in erster Linie für Ferien und nicht für Arbeit. Aber ist es nicht wunderbar, noch andere, wichtige Themen damit verbinden zu können? Und Sie sehen es hier - ein Buch ist nie fern: Urlaub bedeutet auch, Zeit zu haben, sich ungezwungen weiterzubilden. Übrigens auch zwei Dinge, die sich miteinander schwertun: Berge und Bildung. Auch wenn Bildungszentren meist in Grossstädten sind: Investitionen braucht es überall. Schweizer Bergregionen - das geht natürlich über das Oberengadin hinaus - dürfen in Sachen Bildung nicht vergessen werden. Deswegen bin ich auch besonders gern Stiftungsrätin und Jurymitglied in der Pestalozzi-Stiftung. Mit dem Frühförderpreis wollen wir die Chancengleichheit von Kindern in Bergregionen fördern. Ein tolles Projekt!
So, und nun ab in den See mit Ihnen! Es ist einfach herrlich im Wasser, nicht wahr? Hier kann die Seele Kraft
tanken - hier vergesse ich die ernsten Themen für einen Augenblick. Soll ich Ihnen noch ein Geheimnis verraten? Wer in das Stazerseewasser eintaucht, taucht glücklich wieder auf. Ehrlich wahr! Probieren Sie es aus!»
Text: Gabrielle Ceppi-Kleinert
Fotos: Filip Zuan
Das Interview ist in der Schweizer Landliebe #4/2017 (September/Oktober) erschienen.